Die Nürnberger Prozesse sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Bis dahin waren Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtlich nur vage oder gar nicht definiert.
Rechtliche Grundlage für den Umgang mit künftigen Kriegen
Gleichzeitig wurde aber den Angeklagten ein fairer, rechtsstaatlicher Prozess gemacht. Die Welt wurde nach Ende des zweiten Weltkriegs über die Verbrechen des Nationalsozialismus aufgeklärt und eine rechtliche Grundlage für den Umgang mit zukünftigen Kriegen geschaffen.
Hochrangige Regierungsmitglieder wurden angeklagt
Es war auch das erste Mal, dass hochrangige Mitglieder einer Regierung vor einem internationalen Gericht standen. Der Hauptkriegsverbrecherprozess gegen 21 Vertreter des NS-Staates fand zwischen dem 20. November 1945 und 1946 im Schwurgerichtssaal 600 des Nürnberger Justizpalastes statt; der Folgeprozess wurde 1949 abgeschlossen. Fast alle Angeklagten wurden zum Tode verurteilt.
Diktator Adolf Hitler, Reichspropaganda-Minister Joseph Goebbels und SS-Chef Heinrich Himmler entzogen sich der Verantwortung, indem sie Selbstmord begingen.
Verbrechen nie da gewesenen Ausmaßes
Im ersten Prozess mussten vier Richter und vier Hilfsrichter über die Schuldfrage entscheiden und eine angemessene Strafe festlegen. In diesem Fall ging es um Verbrechen, die in diesem Ausmaß noch nie dagewesen waren. Dazu gehörten die Planung und Durchführung eines Vernichtungskrieges, die systematische Tötung ganzer Bevölkerungsgruppen, die Zwangsvertreibung von Zivilisten und die Zerstörung ganzer Städte.
Erdrückende Beweislage
Dies war keine leichte Aufgabe für das Team der Anklage. Obwohl die Verbrechen der Deutschen während des Zweiten Weltkriegs vor den Augen der ganzen Welt begangen wurden, sie gut dokumentiert waren und es viele Zeugen gab, war die Rechtsgrundlage für die Prozesse gerade erst durch die Londoner Charta geschaffen worden und noch nicht verifiziert. So bestand keine Sicherheit für eine Verurteilung. Die Prozesse waren daher besonders wichtig, um die während des Krieges begangenen Verbrechen juristisch aufzuarbeiten.
Keine Siegerjustiz
Aber die verschiedenen Strafmaße machten deutlich, dass die Urteile auf verfügbaren Dokumenten und Aussagen beruhten und nicht auf Vergeltungsmaßnahmen der Siegermächte. Die Verteidiger arbeiteten alle ehrenamtlich und hatten unterschiedliche Motive für ihre Teilnahme an dem Prozess.
Umfassende Berichterstattung
Nicht zuletzt ist auch die Presse zu erwähnen. Die Alliierten erkannten ihre Bedeutung von Anfang an. Um eine möglichst umfassende Berichterstattung zu gewährleisten, wurden Büros, Unterkünfte und zusätzliche Sitzplätze für Medienmitarbeiter eingerichtet.
Journalisten aus mehr als 20 Ländern reisten in die Region und wurden von Zeitungen, Radio und Film begleitet. Auf diese Weise konnten Menschen in aller Welt mehr über den Prozess und die beteiligten Personen erfahren.
Simultanübersetzung durch rund 20 Dolmetscherteams
Und es gibt noch etwas, das erwähnenswert ist. Aufgrund des internationalen Charakters des Prozesses wurde zum ersten Mal Dolmetscherteams eingesetzt, die simultan in alle verhandelten Sprachen übersetzten. Dies war eine sehr schwierige Aufgabe, zumal viele der Übersetzer*innen selbst Kriegsopfer waren.
Dennoch keine reine Erfolgsgeschichte
Trotz des überwältigenden Medienechos und der bahnbrechenden Rolle, die der Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag und anderswo spielte, wäre es ein Fehler, ihn als makellose Erfolgsgeschichte zu bezeichnen.
Es stimmt, dass die meisten Staaten heute den Menschenrechten und dem Völkerrecht verpflichtet sind. Leider wird die Verwirklichung dieser Rechte jedoch häufig durch die Außenpolitik und die Interessen einzelner Staaten behindert. Umso wichtiger ist es für unsere Zukunft, dass wir weiter über die Nürnberger Prozesse und ihre Bedeutung sprechen.
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Quellen und weiterführende Links:
- https://www.lpb-bw.de/nuernberger-prozesse
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/318965/vor-75-jahren-nuernberger-prozesse/
- https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/nachkriegszeit/nuernberger-prozess-100.html
Beitragsbild: Die Anklagebank bei den Nürnberger Prozessen – National Archives at College Park – Still Pictures, Public domain, via Wikimedia Commons
Vielseitig interessierter und leidenschaftlicher Autor zu Themen, wie Geschichte, Philosophie, Technik, Wirtschaft, Literatur uvm.